HEIDI  HAHN
 

 

Heidi Hahn arbeitet bei ihren Bildern in hauchdünnen farbigen Schichten in Öl, Acryl oder Mischtechnik, die je nach Lichteinfall immer wieder anders reflektiert werden. So wird der Eindruck von Raum und Dreidimensionalität, von Bewegung vermittelt. Zugleich bieten die Bilder je nach Tageszeit, Licht und Winkel des Betrachters, immer wieder neue Ansichten.

Sie bekennt sich zu einer Besonderheit ihrer Augen, dass sie in einer gewissen Konturenlosigkeit weitaus mehr Licht und Farben erkennen kann. Die Unschärfe entsteht dadurch, dass mit steigender Dioptrienzahl alles größer wirkt, ineinander verschwimmt, Konturen entgleiten, winzige Lichtpunkte riesig wahrgenommen werden. So mischen sich, von einem „Normalseher“ kaum wahrgenommen, weil scharfe und damit sehr kleine Licht- und Farbpunkte, bei einem „Schlechtseher“ die optischen Eindrücke zu einer Überlagerung aus Licht- und Farbpunkten, ähnlich einem pointilistischen Gemälde und doch noch viel verschwommener als ein solches.

Unscharfe Umrisse haben den Vorteil, farbliche Zwischentöne und deren Vielschichtigkeit erst hervorzubringen. Die Farben flimmern, sind intensiver, die Unschärfe produziert zugleich ein bewegtes Spiel aus Licht und Farben. Das „schlechte Sehen“ im von unserer Gesellschaft definierten und von der Realität geprägten Sinn bedeutet: Man ist, ausschließlich schlecht sehend, kein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft, ein nicht überlebensfähiger Mensch. Per se ist das „Schlecht-Sehen“ aber lediglich ein „Anders-Sehen“:

"Das „Schlechte Sehen“ eines Kurzsichtigen ist ein Übereinanderlagern von Farben und Formen, ein dynamisches Verschwimmen und Gleiten, dem ich in meinen Bildern dadurch gerecht werden will, dass ich unendlich viele Schichten an Farbe und Licht übereinander lege." So Heidi Hahn. Und genau deshalb wirken die Bilder je nach Lichteinfall und Betrachter und Tageszeit dreidimensional, bewegt, die Farben wechseln.

Für einen „Normalseher“ ist dies etwas Besonderes, ebenso die Tatsache, dass für weiß nicht gleich weiß, sondern eine Überlagerung von Farben ist. Farben waren Heidi Hahn deshalb immer schon wichtiger als Formen, die sie in ihrer Art zu sehen nicht kennt.

Sie ist sich sicher, dass „Schlecht-Sehen“ im ästhetischen Sinne kein „schlechtes“ Sehen ist, sondern eine Faszination an Licht und Farben; es ist ein „Sehen", das eine andere Empfindungsebene berührt. Ein „Sehen“, das nicht dem Überleben dienen könnte, aber ein “Sehen“, das dem schlecht Sehenden eine Welt offenbart, die ein gut Sehender nicht sehen kann. "Ein „Gut-Sehender“ kann nicht einmal erahnen, welche Bilder sich einem „Schlecht-Sehenden“ tatsächlich bieten." So Heidi Hahn.  Diese Ebene will sie deshalb allen Betrachtern erschließen.

Lebendiges Licht, weite Horizonte und eine Farbigkeit, die anrührt, diese dominierenden Faktoren in ihren Bildern verbinden das Konkrete mit der abstrakten Sicht der Wirklichkeit und erlangen so eine Darstellungs- und Empfindungsebene jenseits der Realität, aber auch jenseits der Abstraktion: Weg von äußeren Bildern hin zu inneren, weg vom bloßen Sehen hin zur Empfindung. Das Ergebnis: Sphärische Ebenen ineinander verwoben und doch jede für sich, je nach Betrachter und Sicht zu einem jeweils neuen, individuellen Gebilde, einer Komposition aus Licht und Gefühl werden, einer subjektiven Wahrnehmung, zu Empfindungen, die über die Auseinandersetzung mit den Bild-Räumen entsteht. Ein Ansatz, der seinen einen Ursprung weit zurück in der Romantik fand, fortgesetzt später im Impressionismus: Ein Bild aus Farben und Licht als Spiegel der Empfindung, als individuelle „Licht- und Farb-Therapie“, die Zulassung von Gefühl in der Kunst, die Wiedergewinnung der Romantik.  Menschenlos bietet sich das Licht dar, fast als reines Selbst, als wäre die Welt frei von Akteuren, als gäbe es nur die Natur und das Licht, dass sie bespielt wie eine Bühne im Theater Gottes. Man fühlt sich ganz einsam und seltsam geborgen, wenn man sich versinken lässt in Landschaften, die einen Hauch vergänglicher Ewigkeit in sich tragen, der sich durch die Wiederholung des Themas Licht und der Suche nach selbigem manifestiert. Zugleich bieten die Bilder, je nach Tageszeit, Licht und Winkel des Betrachtens, immer wieder neue Ansichten. Ebenso wirft jeder Strich mit dem Pinsel erst einmal die Frage nach Ergänzung und Gegensatz auf, um sich gegenüber dem bereits Entstandenen zu behaupten, sich diesem anzunähern, anzugleichen oder sich völlig abzuheben. Heidi Hahns Arbeiten werden so zu dichten, lebenden Flächen. Sie sind ehrlich in ihrer Substanz und ihr Entstehungsprozess ist ein entsprechend langer, die Folge harten Ringens und Hinterfragens, eines komplexen Malvorganges, des "Jagens nach Licht", dessen Vielschichtigkeit den Abstraktionsgrad bestimmt, dessen spährische Ebenen ineinander verwoben und doch jede für sich stehen. Je nach Betrachter und Sicht zu einem jeweils neuen, individuellen Gebilde, einer Komposition aus Licht und Gefühl werden. 

Heidi Hahn stellt im In- und Ausland aus; ihr Schwerpunkt seit Anfang der 80-er Jahre liegt auf Malerei. Seit rund 20 Jahren kuratiert sie auch Ausstellungen und Land-Art-Events.

Heidi Hahn wurde in Nürtingen geboren. Sie begann ihr Studium mit Theaterwissenschaft und schloss es in Kunst und Germanistik ab. Im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten rief sie in den vergangenen zwanzig Jahren immer wieder neue Events und Kulturereignisse ins Leben, die sich lange erhalten haben. Ob als Rundfunkredakteurin, Creative Director oder als Kultur- und Pressereferentin, unterbrochen von Jahren als freie Künstlerin und Journalistin.  Seit 2002 widmet Heidi Hahn sich außerdem verstärkt Kunst-Großprojekten unmittelbar in der Natur, Land-Art-Projekten und Installationen. Dazu gehören unter anderem die „muros vivendos“ oder "faces", ihr bereits drittes Land-Art-Projekt in Portugal bzw. Frankreich, dem weitere folgen sollen. Heidi Hahn lebt und arbeitet in Aalen.

 

Since the early 80ies Heidi Hahn’s emphasis is focused on painting. She uses innumerable, sheer coloured layers of oil, acrylic paint or composite technique, which according to the direction of the light are reflected in ever changing patterns.

Thus an impression of three-dimensionality and motion is conveyed. At the same time the paintings offer the observer ever changing perspectives depending on the time, light and angle.

Each brush stroke poses a question of opposition and contrast achieving acceptance of the already created, approaching, assimilating or to completely emphasizing it. 

Animated light, far horizons and a colour spectrum that is moving, these dominating factors in the paintings of Heidi Hahn connect the tangible with the abstract view of the reality and thus achieve a level of depiction and perception far of reality but also far from abstraction: a pathway from external paintings* towards pictures within, away from merely seeing to feeling**. With it she follows the demands of Caspar David Friedrich, who said, the artist should not only paint what he sees in front of him, but also what he sees inside him. And if he does not see anything, he should abstain from painting.

Heidi Hahn’s works thus become dense living surfaces. They are honest in their substance. Their creation is a tender and accordingly long process. It is the consequence of a long struggle and questioning. A complex and ever more complex act of painting, the “hunt for light”, whose complexity and lavishness is increasingly concealed, solely recognizable in the result, in a degree of abstraction, whose spherical planes are woven into each other and yet stand alone, depending on the viewer and sight to a new individual creation respectively, becoming a composition of light and feeling.

This is also aptly reflected in the titles, which are not setting limits, but on the contrary engage the viewer: to subjective perceptions, feelings which develop when engaging within the spectrum of the paintings.

A beginning, which differs from the artists of the 80ies or 90ies, which finds it origins far back in the era of romanticism, later continued in the impressionism: A painting of colours and lights as a mirror of emotion, as an individual “light- and colour-therapy”, the permission of emotion into art and the recovery of romanticism.

Heidi Hahn was born in Nürtingen. She started out her studies with dramatics and completed it in art and German language and literature studies. In the course of her professional activities she created again and again new events and cultural happenings that endured for a long time. Either as a broadcast editor, creative director, or as a cultural attaché and press officer, interspersed by periods as a freelance artist and journalist.

Since 2002 Heidi Hahn devotes herself increasingly to major arts projects immediate to nature and bucolic art projects and installations. Among other things belong the “muros vivendos”, her already third bucolic art project in Portugal and France  and further projects are planned. Heidi Hahn lives and works in the south of Germany.